Bund, Länder, Kommunen und öffentliche Unternehmen arbeiten seit vielen Jahrzehnten erfolgreich mit Unternehmensberatungen zusammen und vertrauen auf deren Einschätzungen und Unterstützung. Denn nicht nur in der Privatwirtschaft sondern auch im Öffentlichen Sektor besteht ein hoher Bedarf an fachlichem Wissen und Spezialfähigkeiten, der nicht „vor Ort“ gedeckt werden kann. Insbesondere Auftraggeber der öffentlichen Hand müssen sich aber – aufgrund haushalterischer Prinzipien – auf ihre Daueraufgaben konzentrieren und damit auch darauf beschränken. Das bedeutet, dass sie nicht für jedes fachfremde oder einzelne Projekte Personal und Ressourcen aufbauen oder vorhalten können und somit Unterstützung benötigen. Beispiele für solche Projekte sind große Veränderungsprozesse, die Digitalisierung von Bürgerdiensten, es müssen aber auch Verfahren neu organisiert oder anders ausgestaltet werden. Externe Unterstützung ist und bleibt daher für Bund, Länder, Kommunen und öffentliche Unternehmen zwingend notwendig. Nur Beratungen haben für die Lösung dieser Aufgaben effizient und kostenschonend das notwendige Wissen, und vor allem: Die erprobten Erfahrungen aus der Privatwirtschaft.
Zudem: Externe Beratungsunternehmen haben eine größere Unabhängigkeit und Neutralität bei der Problemlösung. Sie sind nicht bereits „sozialisiert“ in ihrer Sichtweise und können damit Veränderungen anstoßen, die von innen nicht oder nur selten gelingen.
Konkret: Der Umsatzanteil in der deutschen Unternehmensberatungsbranche, der 2022 auf die Kundenbranche Öffentlicher Sektor entfallen ist, lag bei 10,0 Prozent bzw. 4,37 Mrd. Euro absolut (Quelle: 04/23, Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen BDU e.V., Facts & Figures zum Consultingmarkt 2023). Ein Großteil dieser externen Expertenunterstützung entfällt auf IT-Beratung. Im Vergleich: Die Kosten für den nach langen Planungs- und Bauzeiten fertiggestellten Flughafen Berlin Brandenburg (BER) liegen bei über 7 Milliarden Euro.
Qualitätsinitiative des BDU
Pflichten für öffentliche Auftraggeber und Consultants bei der Vergabe von Unternehmensberatungsleistungen
Bei der Mandatierung von Consultingunternehmen wird Steuergeld eingesetzt. Die Auswahl und Beauftragung sowie die Durchführung einer Unternehmensberatung muss daher transparent, kosteneffizient und qualitativ auf hohem Niveau sein.
Für Auftraggeber heißt das: Sie müssen professionell und vergaberechtlich konform Beratungsleistungen ausschreiben und vergeben. Unabhängig, ob ober- unterhalb der EU-Schwellenwerte: Ein funktionierender Wettbewerb ist immer wichtig, um das beste Beratungsunternehmen zu finden. Für den BDU schließt sich dabei die direkte Beauftragung einzelner Consultingfirmen ohne Betrachtung konkurrierender Angebote weitestgehend aus, zumal es eine Vielzahl an Unternehmensberatungen in Deutschland gibt, die auf den Öffentlichen Sektor spezialisiert sind. Für den besonderen Bereich von Vergaben, die nicht die Schwellenwerte erreichen, hat der Fachverband Öffentlicher Sektor im BDU einen Leitfaden entwickelt. Er erläutert, wie Auftraggeber die hier einschlägige Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) durch eine qualitätsgestützte Vorgehensweise einhalten können. Den Leitfaden Unterschwellenvergabe können Sie hier kostenlos herunterladen:
Hier zum Leitfaden Unterschwellenvergabe
Aber auch Unternehmensberatungen unterliegen einer besonderen Verpflichtung, wenn der Staat der Kunde ist. Insbesondere sind sie gehalten, keinen unzulässigen Einfluss auf staatliche Entscheidungsprozesse zu nehmen. Oder: Beratungsunternehmen sollten Referenzen nur dann angeben, wenn sie vorher vom Auftraggeber freigegeben wurden. Diese und andere Pflichten hat der BDU in der sogenannten „Bonner Erklärung“ beschlossen. Ab Juni 2023 können sich Mitgliedsunternehmen des Verbandes diesem Kodex nach Einreichung geeigneter Nachweise anschließen. Die "Bonner Erklärung" können Sie hier kostenlos herunterladen:
Ländervergleich Public Sector Consulting
Der Anteil des Öffentlichen Sektors liegt seit Jahren stabil bei neun bis zehn Prozent bezogen auf den Gesamtbranchenumsatz. Der Umsatzanteil, der auf die Kundenbranche Öffentlicher Sektor entfällt, ist international deutlich höher.
In Deutschland lag der Anteil bei 10 Prozent, in den USA bei ca. 20 Prozent, in Großbritannien bei 26 Prozent und Spanien bei rd. 15 Prozent. (siehe Feaco Survey 2021/Lünendonk 2019/KPMG 2019)
AUSWERTUNG "BERATERVERTRÄGE"
Oft handelt es sich nicht um Unternehmensberatung, sondern tatsächlich um „externe Unterstützungsleistungen“ insgesamt.
Wir haben uns dieses Thema einmal am Beispiel der Ausgaben der Landesregierung Rheinland-Pfalz für externe Unterstützung/Beratung in den Jahren 2019/2020 angeschaut und ausgewertet:
In Rheinland-Pfalz wurden in diesem Zeitraum insgesamt sechs Millionen Euro für externe Unterstützung ausgegeben - Unternehmensberatungen haben dabei allerdings nur einen Anteil von 45 Prozent. Wissenschaftliche Beratungen bzw. Forschungsaufträge an Hochschulen oder Forschungsinstituten umfassen demgegenüber 26 Prozent. Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung nehmen 15 Prozent ein.
Details können Sie in der Grafik im Überblick sehen.
Es kommt hinzu, dass in der öffentlichen Diskussion auch Leistungen als „Beraterverträge“ eingeordnet werden, die gar keine Unternehmensberatung sind. Insbesondere wenn es um die Inanspruchnahme von Beratung bei Bundes- oder Landesministerien geht, fehlt es an der nötigen Differenzierung.
Dasselbe gilt für die die Rahmenverträgen mit "Beratern" des Bundes insgesamt. Dort zeigt sich, dass lediglich 18 Prozent klassische Unternehmensberatung an den Ausgaben ausmachen, weitere 22 Prozent IT-Beratung.
EINFLUSSNAHME VON UNTERNEHMENSBERATUNGEN
Gelegentlich heißt es auch, Unternehmensberatungen würden Politikberatung machen, gerade dann, wenn sie Bundesministerien beraten. Auch das lässt sich widerlegen. Wir werten hierzu regelmäßig einschlägige Befragungen der Opposition im Bundesstag und die Antworten der Bundesregierung zur Entstehung von Gesetzentwürfen aus. Vor allem interessiert uns die Frage: Wer hat daran mitgewirkt?
Das Ergebnis einer Auswertung mehrerer Vorhaben aus den Bereichen Klimaschutz und Lieferkettengesetz von Ende 2020/Anfang 2021 ergibt, dass von 274 Regierungskontakten nur 3 von Beratungsunternehmen stammen. Während 36 Prozent durch Verbände und NGOs erfolgten.
Ein ähnliches Ergebnis zeigt eine Auswertung der Gesprächspartner der Bundesregierung zur Rüstungspolitik. Demnach gab es 2018 und im ersten Halbjahr 2019 insgesamt 73 Gespräche der Regierung mit Externen. Mit einem Anteil von 78%, wurden die meisten Gespräche mit Rüstungsunternehmen geführt. Verbände sind mit einem Anteil von 17% demnach am zweithäufigsten beteiligt. Beratungsunternehmen haben an keinem dieser Gespräche teilgenommen. Auch hier: Leitet man hieraus den Einfluss von Beratungsunternehmen ab, kommt man zu dem Befund: Keiner!
Es gibt letztlich auch kein informelles Netzwerk zwischen Politik und Beratung. Das zeigt sich anhand einer Auswertung der aktuellen Berufe früherer Bundesminister/Ministerinnen und parl. Staatssekretäre, wenn sie Gesprächspartner der Bundesregierung im Vorfeld eines Gesetzentwurfs waren. Die Analyse zeigt, dass der Kontakt zu Unternehmen mit einem Anteil von 60% am größten ist. An zweiter Stelle sind Verbände mit 32% zu finden. Berater - und zugleich frühere Politiker - machen mit 6 Kontakten lediglich einen Anteil von 2% aus.
Ihr Ansprechpartner
Geschäftsführer Kai Haake steht Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung.