Die Disziplinen der digitalen Exzellenz
Die aktuellen IT-Megatrends Cloud Computing, Mobility und Big Data stellen Unternehmen aller Branchen heute vor große Herausforderungen. Auch aufgrund der Durchdringung aller Arbeitsprozesse und Lebensbereiche mit IT sowie des steigenden internationalen Wettbewerbs müssen sie ihre Geschäftstätigkeiten digitalisieren. Dazu ist eine umfassende Strategie nötig, welche die Umsetzung von acht verschiedenen Disziplinen regelt.
Die digitale Transformation steht auf der Agenda fast sämtlicher Unternehmen. Doch oft ist die Zielrichtung völlig unklar. Aufgrund dieser Unsicherheit haben viele Unternehmen ihre ersten Schritte für die digitale Transformation ohne umfassende Strategie realisiert. Diese Einzelmaßnahmen führen zu einem stark unterschiedlichen Status verschiedener Unternehmen beim Umsetzungsgrad. Da sie zudem meist unzureichend auf den Transformationsprozess vorbereitet sind, sollten sie von Best Practices lernen und durch individuelle Anpassung daraus eigene Strategien und Maßnahmen entwickeln. Dabei müssen sie sich vor allem die Frage stellen, wie sie bei der Digitalisierung Chancen nutzen und Risiken vermeiden können.
Auf den ersten Blick könnten Unternehmen geneigt sein, Best Practices von den führenden Digital-Giganten wie Google, Amazon oder Apple zu übernehmen. Diese besitzen zwar zweifellos eine hohe digitale Exzellenz und haben erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle entwickelt und umgesetzt. Doch für andere Branchen eignen sich diese Ansätze nur eingeschränkt als Muster. So gilt es hier, mit Augenmaß schrittweise die Digitalisierung bestehender Geschäftsmodelle voranzutreiben. Dabei ist immer der Blick auf den Nutzen für den Kunden und den Mehrwert für das eigene Geschäft zu richten. Dies besitzt stets eine höhere Priorität als technologiegetriebene Innovationen. Die tatsächlichen Potenziale innovativer Technologien lassen sich nur über eine integrierte Bewertung und Erprobung durch Fachbereiche und IT erschließen. Dabei ist im Unternehmen ein bereichsübergreifendes Innovationsmanagement für digitale Geschäftsmodelle zu etablieren.
Sowohl unternehmensintern als auch in der digitalen Vernetzung mit Kunden und Kooperationspartnern lässt sich digitale Exzellenz als Ziel erreichen. Intern funktioniert dies über eine Optimierung der IT-Unterstützung von Prozessen sowie die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Durch die Vernetzung nach außen öffnen sich Unternehmen, um neue Formen der Zusammenarbeit zu etablieren sowie neue Produkte oder Dienstleistungen bereitzustellen. Digitale Plattformen erleichtern dabei den Zugang zu den Angeboten. Entsprechend müssen Unternehmen klären, wie sie diese aktiv mitgestalten können. Um eine digitale Exzellenz zu erreichen, sollten Unternehmen folgende acht Disziplinen berücksichtigen.
1. Prozesse digitalisieren und automatisieren
Heute lässt sich bereits ein hoher Grad an IT-Unterstützung und Automatisierung der Geschäfts-Kernprozesse realisieren. Dies zeigen führende Unternehmen verschiedener Branchen. Das wesentliche Ziel liegt dabei in einer höheren Effizienz. Durch die konsequente Einführung und Nutzung erprobter Technologien müssen Unternehmen mit dieser Entwicklung Schritt halten. Dabei führen ständige Neu- und Weiterentwicklungen von Anwendungssystemen wie CRM oder ERP zu immer höheren Anforderungen.
2. Datengetrieben entwickeln und entscheiden
Werden Geschäftsprozesse digitalisiert, lassen sie sich schneller und flexibler an individuelle Bedürfnisse oder neue Anforderungen anpassen. Die Grundlage dafür bilden neben strategischen Überlegungen zunehmend auch datengetriebene Entscheidungen. So können Unternehmen heute zum Beispiel auf veränderte Kundenwünsche in Echtzeit reagieren sowie innovative Ansätze schnell und unkompliziert testen. Eine vorausschauende Datenanalyse ermöglicht es dabei, das Eintreten von Ereignissen besser vorherzusagen und eigene Prozesse, etwa für Wartung oder Warenwirtschaft, zu optimieren sowie bessere Entscheidungen zu treffen. Die dazu eingesetzten Daten lassen sich aus Prozessen, von Sensoren oder aus Nachrichten und Wetterprognosen extrahieren sowie in andere Prozesse integrieren.
3. Veränderungen agil und schnell unterstützen
Eine kundennahe Umsetzung und eine schnelle Reaktionsfähigkeit der IT bilden heute zentrale Aufgaben für jedes Unternehmen. Dafür sind sowohl eine flexibel anpassbare IT-Architektur nötig als auch die Fähigkeit zur richtigen Auswahl, Integration und Orchestrierung unternehmensinterner und -externer Services. Dabei eröffnen Cloud-basierte Systeme zahlreiche neue und flexible Möglichkeiten. Diese dürfen jedoch nicht die Daten- und Prozessintegration erschweren. In Abhängigkeit von der jeweiligen Unternehmensstrategie sind die optimalen Sourcing-Strategien zu entwickeln.
Zudem sollten Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Trainings und Schulungen für die digitale Transformation qualifizieren. Schließlich entstehen dadurch neue Aufgabenfelder, etwa in den Bereichen Big Data, Online-Marketing oder digitale Verkaufsprozesse, die meist nicht durch die klassische Berufsausbildung abdeckt werden. Dazu gehört auch die Stärkung der eigenverantwortlichen Tätigkeit und der Zusammenarbeit über digitale Kommunikationstechnologien, da der Anteil an Wissensarbeitern in Unternehmen kontinuierlich steigt.
4. Digital Governance etablieren
Durch die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsprozessen werden Daten und Informationen zu immer wichtigeren Unternehmenswerten. Entsprechend drohen vor allem veränderte und neue Geschäftsmodelle schnell zu scheitern, wenn Sicherheitsvorfälle den Geschäftsbetrieb behindern oder gar unterbrechen. So ist bei Digitalisierungsvorhaben die Sicherheit von Anfang an zu berücksichtigen. Dies erfordert ein umfassendes digitales Sicherheits- und Risikomanagement. Unternehmen müssen den digitalen Geschäftsbetrieb gesetzeskonform gestalten und permanent überwachen. Dabei ist ein effektives und effizientes Eingreifen zu ermöglichen, sobald Störungen auftreten. Zudem sind aufgrund der zunehmenden Vernetzung mit Kunden und Geschäftspartnern auch deren Aktivitäten einzubeziehen, um die Sicherheit bestmöglich zu gewährleisten. Dabei sollten Unternehmen beachten, dass sich sowohl die Angriffsmethoden und Quellen für Sicherheitsrisiken als auch die Entwicklungen im Bereich der Sicherheitstechnologie ständig verändern. Eine permanente Aktualisierung des Know-hows und der Kompetenz in neuen Technologien ist deshalb eine große Herausforderung.
5. Digitale Plattformen durchdringen
Der Zugang zu Produkten und Dienstleistungen erfolgt in Zukunft vor allem über digitale Plattformen. Wer also eine erfolgreiche und von Kunden akzeptierte digitale Plattform betreibt, stellt den digitalen Einstiegspunkt bereit und erhält somit viele neue Geschäftsmöglichkeiten. Daher möchten zahlreiche Unternehmen in einem digitalen Ökosystem zum dominierenden Akteur werden. Oft gelingt dies sogar branchenfremden Unternehmen, da sie für den Kunden als neutraler Vermittler erscheinen. Wer nicht selbst die zentrale Plattform bereitstellen kann, muss sich mit den akzeptierten Anbietern arrangieren oder mit Wettbewerbern zusammenarbeiten, um die Zugangswege zum Markt zu verändern.
6. Potentiale digitaler Koproduktion nutzen
Im Zuge der Digitalisierung von Geschäftsprozessen können Unternehmen auch ihre Kunden, Lieferanten und andere Stakeholder in die Wertschöpfung einbeziehen. Sie bringen dann wertschöpfende Leistungen ein, ohne dass für sie selbst Nachteile entstehen. Zum Beispiel können Kunden die Produkte nach ihren individuellen Anforderungen anpassen lassen und sich an den Innovationsprozessen des Herstellers oder Anbieters beteiligen. Sie erhalten somit erweiterte Möglichkeiten zur Einflussnahme sowie Gestaltung und damit einen klar erkennbaren Nutzen. Eine Voraussetzung für die digitale Koproduktion bildet dabei die organisationsübergreifende Integration von Daten und Prozessen. Diese erfolgt häufig über mehrere Unternehmen hinweg bis hin zum Endkunden.
7. Verbundprodukte und -Services über digitale Kanäle anbieten
Aufgrund verbesserter Technologien ist die digitale Integration von Prozessen zur Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen inzwischen sehr einfach möglich. Es existieren kaum noch Hindernisse für eine Kooperation mit anderen Unternehmen. Diese umfassen die Zusammenarbeit über verschiedene Branchen und Länder hinweg sowie mit Mitbewerbern. Dem Kunden können durch diese Formen der Zusammenarbeit neuartige integrierte Produkte und Services angeboten werden, die kein beteiligtes Unternehmen alleine bereitstellen kann.
8. Digitale Transparenz gewährleisten
Heutzutage erwarten die Anwender, dass sie die angebotenen Leistungen auf einfache Weise nutzen und dabei den aktuellen Status der Leistungserbringung mitverfolgen können. Entsprechend müssen sowohl Unternehmen als auch öffentliche Einrichtungen immer mehr Daten und Informationen über sich und ihre Prozesse preisgeben. Zusätzlich schreiben gesetzliche Vorgaben in vielen Branchen bereits vor, dass regelmäßig umfangreiche Informationen zu veröffentlichen sind. Zum Beispiel ermöglichen diese Daten im Gesundheitswesen einen Vergleich von Leistungsanbietern, auch auf Basis der herausgegebenen Qualitätsberichte. Über soziale Medien können Kunden aktuelle Entwicklungen und Angebote beobachten sowie sich direkt mit anderen Kunden über ihre Erfahrungen austauschen. So müssen Unternehmen und Institutionen heute die Voraussetzung dafür schaffen, dass die erforderlichen Daten jederzeit verfügbar sind. Dazu sind Prozesse zur Veröffentlichung der Daten zu etablieren. Vor allem in den transparenten Bereichen sollten Unternehmen ihre Leistung dann kontinuierlich verbessern, um im nationalen und internationalen Wettbewerb zu bestehen.
Fazit
Jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg für die digitale Transformation finden. Neben der Reduzierung von IT-Altlasten und der Optimierung von Geschäftsprozessen erfordert sie ein klares Bekenntnis der Führungsebenen zur Digitalisierung. Werden dann die acht Disziplinen im gesamten Unternehmen umgesetzt, kann der Weg vom digitalen Newcomer zur digitalen Exzellenz gelingen.