Digitales und IT-Beratung

PSD2: Chancen und Risiken für alle Teilnehmer

Die Art und Weise, wie wir Zahlungen tätigen, befindet sich im Umbruch. Die Umsetzungsfrist für die zweite Zahlungsdienstrichtlinie ist bereits im Gange, dennoch können viele Händler, Banken und Endverbraucher nur wenig mit der neuen EU-Richtlinie anfangen. Die PSD2 (The Revised Payment Service Directive), wie die zweite Zahlungsdienstrichtlinie auch genannt wird, sorgt für Unsicherheit auf den Märkten und bedeutet für viele ein Umdenken hinsichtlich bestehender Prozesse und Geschäftsmodelle.

Die Richtlinie, die im Dezember 2015 in ihrer endgültigen Fassung bekanntgegeben wurde, muss bis zum 13. Januar 2018 umgesetzt werden. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören dabei die Erweiterung des Geltungsbereichs auf Drittanbieter, verschärfte Sicherheitsbestimmungen und Haftungsregelungen, ein Verbot von Gebühren zwischen Banken und Drittanbietern und mehr Transparenz. Die Regelungen finden dabei zukünftig auch auf “One-Leg-Out-Transactions” statt, also Zahlungsströme bei denen einer der beiden Akteure sich außerhalb der EU befindet.

 

Im Fokus stehen die zwei neuen möglichen Drittanbieterservices: Die Kontoinformationsdienste und die Zahlungsauslösedienste. Die Drittanbieter dürfen, nach erfolgreicher starker Authentifizierung (Richtlinien folgen im Januar 2017) durch einen Benutzer, gebührenfrei auf dessen Kontodaten zugreifen und diese z.B. grafisch aufbereitet darstellen bzw. für den Benutzer Zahlungsvorgänge in Echtzeit durchführen (Instant Payments). Am stärksten hiervon sind die Banken betroffen, die im Rahmen von XS2A – Access to Account – einen kostenfreien Zugang (mittels offener APIs) für die Drittanbieter bereitstellen müssen. Somit laufen die traditionellen Zahlungsinstitutionen nicht nur Gefahr, wichtige Einnahmequellen zu verlieren, sondern müssen auch ihre Geschäftsmodelle überdenken, um nicht zum reinen Werkzeug für die Drittanbieter zu werden und jeglichen Kundenkontakt zu verlieren.

 

Zahlungsempfängern und insbesondere (Online-)Händlern stehen oft weitrechende Veränderungen bevor. Während die PSD2 Gebührenfreiheit und Datenzugang zwischen den Banken und Drittanbietern gewährt, werden mögliche Gebühren zwischen den Drittanbietern und bspw. Onlinehändlern nicht untersagt. Neben der strategischen Frage, welche und wie viele Drittanbieter einzubinden sind, müssen nun auch möglichst günstige Konditionen und Partnerschaften verhandelt werden. Ebenso gilt es, die Implikationen auf die existierende IT-Systemlandschaft herauszustellen und zu bewerten. Die neuen Zahlungsprozesse, die sofortige Zahlungsströme ermöglichen, müssen in die bestehenden Systeme und die organisatorischen sowie prozessualen Strukturen implementiert werden. Auch müssen Benutzeroberflächen um die jeweiligen Schnittstellen der Drittanbieterdienste erweitert und neue Sicherheitsvorkehrungen für die Eingabe sensibler Daten berücksichtigt werden. Zukünftig könnte eine erfolgreiche Zahlungsabwicklung mehr denn je an die Benutzerfreundlichkeit und Kundenorientierung des Zahlungsprozesses gebunden sein. Die hohen Kundenerwartungen an einen reibungslosen, schnellen und mit den bevorzugten Diensten durchführbaren Zahlungsprozess, der möglicherweise noch einen Mehrwert liefert, dürfte den Wettbewerb, um den benutzerfreundlichsten Onlinehändler, weiter ankurbeln. Ein abgebrochener Zahlungsvorgang bedeutet nicht nur einen entgangenen Umsatz, sondern womöglich auch einen Imageschaden. Im schlimmsten Fall droht der dauerhafte Verlust eines Kunden. Größere Händler mit den nötigen Kapazitäten stehen sicherlich auch vor der Grundsatzfrage, ob sie nicht selbst die Zahlungsprozesse abwickeln wollen, um so möglichst auf Drittanbieterdienste und deren Gebühren zu verzichten.

 

Diese neuen Möglichkeiten werden durch zahlreiche weitere Regulierungen flankiert, um die Sicherheit und den Datenschutz von Zahlungsprozessen zu gewährleisten. One-Click-Payments, die Authentifizierung von Zahlungen, die zivilrechtlichen Haftungsregelungen und die Speicherung von Kundendaten, wie Kreditkartendaten, unterliegen demnächst strengeren Gesetzen. Die Balance zwischen Innovation und Benutzerfreundlichkeit auf der einen und dem erhöhten Sicherheits-, IT- und Verhandlungsaufwand auf der anderen Seite muss nun von allen Beteiligten gefunden werden. Die neue Richtlinie bringt einige Hürden mit sich. Wer jedoch frühzeitig mit der Umsetzung beginnt, dem eröffnen sich eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten und Wettbewerbsvorteile. Zurecht wird die PSD2 daher von vielen als Zahlungsrevolution gehandelt.



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