HR-Management

Die Generation-Y und die Herausforderung für Unternehmen

Heute bewirbt sich das Unternehmen beim Vertreter der Y-Generation und nicht umgekehrt. Sie sind sprunghaft, weil die Jobs der Y-Generation Jobs auf Zeit sind. Sie definieren Treue neu. Sie messen Loyalität nicht daran, wie lange sie bei einem Arbeitgeber bleiben, sondern daran, wie sehr sie sich in dieser Zeit für ihn engagieren. Sie sind anspruchsvoll und eine neue Herausforderung für jeden Vorgesetzten.

Ihr Ruf eilt ihnen voraus: Freizeitoptimierer, Weicheier, Feedbacksüchtige, wenig loyal, unambitioniert, karrierefaul, internetsüchtig, verwöhnt …. Sie kontern mit „Es geht nicht um richtig oder falsch, es geht um Freiheit. Um Individualität. Darum, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Das wünschen sich auch andere Beschäftigte, im Grunde wollen wir alle das Gleiche!“ oder mit „Was wir wollen, ist nicht überzogen, das meiste kostet nicht einmal Geld!“.

 

Die Rahmenbedingungen der Y-Generation – tendenziell ab 1980 geboren - sind wahrlich optimal: von „Helikopter“-Eltern erzogen sind sie die reichste Generation nach dem 2. Weltkrieg, keine Generation vorher hatte häufiger einen höheren Schulabschluss, studiert und im Ausland gelebt. Diese Generation ist leistungsorientiert und bereit, sich für das Unternehmen (auf Zeit) einzusetzen. Obwohl sie die Logik des darwinistischen Wettbewerbs durchaus versteht, sieht sie diesen als nicht notwendig an und verfolgt opportunistisch die eigenen Werte und Ziele.

 

In einer Überschussgesellschaft aufgewachsen ist bei den Yern eine Konsumsouveränität entstanden. Gut qualifizierte Vertreter dieser Generation kennen ihren Wert und treten dementsprechend auf. Die Yer leben im Wandel der Erwerbsformen: der Bedeutungsverlust des „Normalarbeitsverhältnisses“, Teilzeit-beschäftigung, geringfügige und befristete Beschäftigung. Zudem wird diese Generation des Öfteren als „Generation Praktikum“ bezeichnet. Das haben sich die Yer nicht selber ausgedacht, geschweige denn gewollt. Die gestiegene Auslandsmobilität kommt ihnen zugute. Durch internationale Verflechtungen werden Möglichkeiten geschaffen, im Ausland Erfahrungen zu sammeln: work & travel, Auslandsschuljahr, -praktikum und -semester.

 

Kernaussagen zur Y-Generation sind „Wechseln ist normal“. Loyalität ist rein geschäftlich! „Immer auf der Suche“. Fast 95 % halten die Augen nach attraktiven Stellen offen. Ziel ist es nicht, gleich zu kündigen, sondern den Marktwert zu testen, Erfahrungen mit Auswahlverfahren zu sammeln und zu versuchen, bessere Bedingungen bei ihrem aktuellen Arbeitgeber herauszuholen. „Engagiert – doch untreu“: Erstaunlicherweise nimmt das Engagement für den eigenen Job nicht ab, je intensiver die Toptalente nach einer anderen Stelle suchen. „Jobhopping zahlt sich aus“ - 11 % Steigerung des Gehalts jedes Jahr bei gleichem Arbeitgeber. Jedoch stehen ein Wechsel bzw. zwei Sprünge zu einem anderen Unternehmen 13 % bzw. 15 % dem gegenüber. Loyalität scheint sich also nicht auszuzahlen. Kein anderer Faktor wie etwa Berufserfahrung, Studienabschluss oder -richtung hatte im Vergleich zur Zahl der Jobwechsel einen so großen Einfluss auf die Gehaltszuwächse. Die Zahl der Wechsel korreliert zudem mit der Zahl der Beförderungen. „Bindung der Talente nur durch systematische Karriere- und Nachfolgeplanung möglich“. Der Personalbedarf des Unternehmens ist mit den Karriereplänen der Young Talents zu vereinbaren.

 

Der Anspruch dieser Generation ist von Fragen geprägt:

Was bekomme ich heute, morgen, nächsten Monat, nächstes Jahr?

Passt die Arbeit/das Unternehmen zu meinen Lebensumständen („lebensphasen-orientiertes Arbeiten“)?

Erwartet mich ein strukturiertes Onboarding-Programm?

Das Recht zum Hinterfragen: Sinn von Regeln?

Was ist der Mehrwert der Firma FÜR die Yer?

Erfüllt die Arbeit? Ist sie sinnstiftend? Macht sie Spaß?

Hat das Unternehmen ein positives Image?

Ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet?

 

Sie stellen den Arbeitsmarkt „auf den Kopf“ und machen zudem neben dem derzeitig starken Arbeitnehmermarkt das Unternehmen zum „Bewerber“. Das Erfolgsrezept ist, mit spannenden Aufgaben aufzutreten, ohne zu hohe oder erst recht falsche Erwartungen zu wecken. Der Paradigmenwechsel vollzieht sich, indem die Stellenbeschreibung die Bewerbereinladung ersetzt: vom passiven Suchen bzw. Warten hin zur aktiven individuellen Ansprache („Recruitainment“). Die heutigen Aufgaben an ein Unternehmen lauten:

 

Man muss gefunden werden!

Es muss eine interessante und sinngebende Branche sein!

Die Regionalität muss gewährleistet sein!

Agilität ist gefordert!

 

Doch auch Unternehmen haben als „Bewerber“ gewisse Vorstellungen und stellen Ansprüche an den optimalen Arbeitnehmer. Was Personalentscheider tatsächlich suchen und brauchen, korreliert dabei nicht immer mit den Erwartungen der Digital Natives.

 

Was macht ein Unternehmen attraktiv für einen Y-Kandidaten? Wenn der neue Arbeitnehmer seine Arbeitsumgebung individuell gestalten kann, wenn er die Teamzusammenstellung mitbestimmen darf. Wenn er den Wechsel von Voll- in Teilzeit ohne Statusverlust vollziehen kann und dies kulturell akzeptiert wird.

 

Die Motivation der Yer ist eine andere als die der Generationen vor ihnen. Sie setzen den „Spaßfaktor“ sehr hoch an. Erfolgreiche Arbeit soll durch nicht monetäre Leistungen entlohnt werden. Ihre Statussymbole sind das Handy, die BahnCard 1. Klasse, die „Edelkita“, die „Tagesfreizeit“, um ihre Kinder aus dieser abholen zu können, das Fitnesscenter …. Ihre Argumentation lautet: „Wenn man außerhalb der Arbeitszeit geschäftliche E-Mails empfängt, kann man auch innerhalb der Arbeitszeit private erhalten.“

 

Für die Yer ist es irrelevant, wer in Eltern-/Erziehungszeit geht. Bietet der Arbeitgeber für denjenigen „Kontakthaltungsprogramme“ an? Zudem macht es ein Unternehmen attraktiv, wenn Führungspositionen in Voll- UND Teilzeit wahrgenommen werden können. Flexible Arbeitszeiten mit selbst strukturiertem Tagesablauf stehen auf ihrem Programm: Wahlarbeitszeit, Minusstundenkultur, Springer-Pools mit Elternteilzeitlern.

 

Für vorherige Generationen war das Weiterkommen mit Betriebszugehörigkeit verbunden. Der Yer zielt auf persönliche Kompetenz ab. Die Führung des Yers ist die Herausforderung für den Vorgesetzten und das Unternehmen: Den Ypsilonern eine inspirierende Führungspersönlichkeit und gleichzeitig ein praktisch orientierter Manager zu sein! Der ideale Chef der Generation Y ist offen, kommunikativ, loyal, authentisch, glaubwürdig, flexibel und lässt Freiräume zu. Um kulturell attraktiv zu sein, sollte das Unternehmen ein starkes soziales Engagement in der Gesellschaft zeigen, soziale Verantwortung vor ökonomischen Erfolg setzen. Die Würdigung der Arbeitnehmer zur Veränderungsbereitschaft wird gewünscht.

 

Das Unternehmen sollte in seinem Leitbild Werte festschreiben, die explizit auf die Y-Generation zutreffen: Sinnhaftigkeit, Selbstverwirklichung, Selbstorganisation. Zudem ist die Integration der Yer sowie deren Mediengebrauch Bestandteil des strategischen Planungsprozesses. Ist die Gestaltung des Arbeitsplatzes für das persönliche Wohlbefinden in der Arbeitsorganisation enthalten? Die Nachhaltigkeit sollte durch Befragung zur Zufriedenheit der Y-Mitarbeiter, durch den Erfahrungsaustausch zur Y-Generation mit anderen Unternehmen und durch die Umsetzung des Talentmanagements mit nachgeschaltetem Controlling einhergehen.

 

Zusammenfassend sind die Bindungsfaktoren mit abnehmender Wichtigkeit das Arbeitsumfeld, die Work-Life-Balance, die Inhalte/Perspektiven, das Talentmanagement sowie das System und die Prozesse.

 

Diese Generation wirft zusätzlich arbeitsrechtliche Fragen auf. Arbeitsrechtliche Instrumentarien müssen neu überdacht und geändert bzw. angepasst werden. Die Arbeitszeitgestaltung – geprägt durch Gleitzeitkorridore, Tagesfreizeit und Vertrauensarbeitszeit – könnte durch Zeiterfassungs-Apps möglich werden. Die Vereinbarkeit von Home-Office-Arbeit ist mit der Frage verbunden, ob die Einhaltung des Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetzes garantiert ist und die Versetzung vom Home-Office in das Firmenbüro geregelt ist. Der Umgang mit den digitalen Medien ist schwer abgrenzbar: Zählen Kundenkontakte über soziale Netzwerke zu Geschäftsgeheimnissen? Ist die Integration privater mobiler Endgeräte in das Netzwerk des Unternehmens erlaubt/geregelt (bring your own device – BYOD)?

 

Die generelle Frage, die man sich stellen muss, ist: Was ist explizit Y-Generation und was sind die veränderten Rahmenbedingungen unserer Zeit – ausgelöst durch die Globalisierung und Digitalisierung? Sind damit die Yer nicht schlicht überbewertet? Sind sie nicht einfach nur eine andere neue Generation?

 

Freuen wir uns auf die Nachfolger von ihnen - Z: Eine ganze Generation möchte eine Fachkarriere mit Aufstiegsgarantie ohne Führungsverantwortung sowie die klare Trennung von Arbeitswelt und Privatleben! Eine weitere spannende Herausforderung.

 

 



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