HR-Management

Nie hört mir jemand zu! Die Krux mit Kommunikation und Wahrnehmung

Wir kommunizieren ständig – nach Watzlawick können wir nicht „nicht“ kommunizieren. Ob mit Sprache oder Körper, im Prinzip sind wir ständig auf „Sendung“. Wenn wir dies so häufig und permanent tun, warum geht dann doch in der Kommunikation so viel schief? Übung macht doch bekanntlich den Meister. Aber trotzdem läuft es nicht immer rund. Warum verstehen wir Dinge miss und werden selbst auch missverstanden?

Wir kommunizieren ständig – nach Watzlawick können wir nicht „nicht“ kommunizieren. Ob mit Sprache oder Körper, im Prinzip sind wir ständig auf „Sendung“. Wenn wir dies so häufig und permanent tun, warum geht dann doch in der Kommunikation so viel schief? Übung macht doch bekanntlich den Meister. Aber trotzdem läuft es nicht immer rund. Warum verstehen wir Dinge miss und werden selbst auch missverstanden?

 

Zur Kommunikation gehört Wahrnehmung – beides ist untrennbar miteinander verknüpft. Die Wahrnehmung einer Situation macht Kommunikation möglich – und verändert sie auch. Was ich wahrnehme und auch wie ich selbst wahrgenommen werde, ist komplexer – aber auch einfacher als wir glauben. Unser Gehirn vereinfacht Prozesse, fügt Einzelheiten zu einem Ganzen zusammen, zeigt Größenunterschiede an, die eigentlich nicht existieren, aber durch den Kontext logisch erscheinen, oder lässt uns nur ein Bild erkennen – auch wenn noch ein zweites existiert.   

 

Die vielfältigen Möglichkeiten der optischen Täuschungen sind Ihnen vielleicht aus der Presse und dem ein oder anderen Kommunikationsseminar bekannt. Grundsätzlich gilt für uns Menschen – die Welt ist zu komplex für unser Gehirn und dieses versucht die Wahrnehmung zu erleichtern und die Komplexität begreifbar zu machen.

 

Jiménez beschreibt dies wie folgt: Im Regelfalle sehen wir nur das, was wir erwarten. Vieles, von dem was wir zu sehen glauben, ist in Wahrheit nur ein Versuch des Gehirns die Zukunft zu erahnen (Kuhn, G.). Manchmal ist eine Handlung/eine Aktion schneller als unsere Wahrnehmung, dann greift das Gehirn auf ähnliche Vorgänge zurück und „konstruiert“ die Handlung schon im Voraus. Aber nicht nur die Schnelligkeit auch die Komplexität der Reize, die auf uns einströmen, machen eine selektive Wahrnehmung notwendig. Allen Dingen können wir nicht unsere Aufmerksamkeit schenken, sondern nur einer begrenzten Auswahl – dort wo unser Kontrollmechanismus „Aufmerksamkeit“ ihren Fokus ausrichtet.

 

Wenn wir uns sehr stark auf einen Reiz konzentrieren, dann nehmen wir andere Dinge um uns herum nicht mehr wahr. Wenn Sie das Video noch nicht kennen, dann schauen Sie es sich doch einmal an und testen Sie sich selbst:

https://www.youtube.com/watch?v=IGQmdoK_ZfY  

… und konzentrieren Sie sich gut auf die Spieler in weiß! Kennen Sie schon? Dann empfehle ich Ihnen folgendes Video:

https://www.youtube.com/watch?v=ubNF9QNEQLA.

Spannend ist hier zu sehen, dass auch aufmerksames Betrachten einer Situation (denn wir wissen bei dem Ansehen dieser kleinen Filme, dass irgendwo ein Test versteckt sein muss) nicht vor Fehlern in der Wahrnehmung schützt.

 

Diese Vereinfachung führt aber auch dazu, dass wir uns schnell in der Wahrnehmung von Situationen täuschen lassen. Faktoren, die z. B. in der Welt der professionellen Zauberer schon lange genutzt werden und die uns immer schon fasziniert hatten (die Forschung nutzt die Vorgehensweise der professionellen Magier inzwischen für einen eigenen Zweig: die Neuromagie) (Jiménez, F.). Es war immer allen klar, dass die Dame auf der Bühne nicht durchtrennt wurde, Tiger und Elefanten nicht einfach verschwinden können, aber eine Erklärung fehlte den Zuschauern im Regelfalle. Aber diese Faktoren treffen auch auf eine „normale“ Kommunikation zu. Allerdings sind hier wir in der Verantwortung die Gewalt über die Situation zu haben und für eine möglichst korrekte Wahrnehmung zu sorgen.

 

Was tun? Sich erst einmal bewusst sein, dass das was man wahrgenommen hat, nicht unbedingt das ist, was der Kommunikator ausdrücken wollte und umgekehrt. Kommunikation ist nicht nur der Prozess zwischen Sender und Empfänger, sondern verläuft wesentlich komplexer. Was sollte man also beachten, wenn man wirklich Gespräche führen möchte und nicht nur einen kurzen Smalltalk? Dem Gegenüber komplett wahrzunehmen, nicht nur als Sender oder Empfänger, sondern als Mensch in einer komplexen Situation. Storch und Tschacher empfehlen in ihrer Vorgehensweise der „Embodied Communication“, dem Gegenüber ein „AAO-Geschenk“ zu bereiten:

 

A – Aufmerksam sein“ - auf die Situation, auf die eigenen Affekte und auf die des Gesprächspartners. Hier ist echte „Aufmerksamkeit schenken“ gemeint: das heißt dafür Sorge haben, dass das Gespräch nicht gestört wird (Tür zu, Telefon umgestellt, Handy aus, keine Blicke auf das Handydisplay oder den Bildschirm etc.), sich auf die Situation konzentrieren und mit den Gedanken nicht abschweifen. Den anderen auch in seiner Gefühlswelt wahrnehmen und auch der eigenen Gefühle sich bewusst sein.

 

A - Augen auf“ - Wechsel zwischen direktem Blickkontakt und peripherem Gesichtsfeld.
Bitte nicht missverstehen, hiermit ist nicht gemeint, den anderen anzustarren und ihn mit weit geöffneten Augen zu beobachten. Wichtig ist es mit dem Gegenüber Blickkontakt aufzunehmen und auch durch die Körpersprache das Gesprochene und die Wertigkeit dessen wiederzuspiegeln. Dies gelingt nicht nur mit den Augen, sondern mit dem ganzen Körper – und auch der Stimme. Einer der ersten Punkte, die man in einem Telefontraining erlernt: die Stimme spiegelt mit ihrer Tonhöhe, Lautstärke etc. auch das Gesagte wieder. Also bewusst kommunizieren, den anderen immer wieder einmal anschauen und das Gesagte muss zur Körpersprache stimmig sein.

 

O – Ohren auf! - zwei Ohren genügen – aber die wirklich auf!
Hören ist nicht zuhören und zuhören noch nicht verstehen. Öffnen Sie wirklich beide Ohren und lassen Sie sich auf die Geschichte und die Bedürfnisse des anderen ein. Hören Sie auch einmal die Story nach seinem Empfinden und seiner Wahrnehmung. Dies schützt Sie selbst vor dem ein oder anderen Wahrnehmungsfehler. Fragen Sie nach, ob Sie es richtig verstanden haben und wenn Sie stärker interessiert sind, dann steigen Sie ruhig tiefer ein. Die Embodied Communication hat das Ziel die Kommunikation stärker aufeinander abzustellen und die eigene Geschichte mit der des Gegenübers zu synchronisieren (Storch, M. & Tschacher, W.),

 

Zum Jahresende stehen wieder die Mitarbeitergespräche an, damit diese gut verlaufen und die Zusammenarbeit fördern, kann Ihnen das AAO – Vorgehen vielleicht den ein oder anderen Hinweis geben. Das Mitarbeitergespräch bietet, die Gelegenheit sich wirklich einmal Zeit zu nehmen und dem Mitarbeiter zuzuhören und auf ihn einzugehen. Eigentlich Voraussetzung für jedes Gespräch, das wir führen, sowohl privat als auch beruflich. Aber häufig fehlt es an Zeit und Aufmerksamkeit und manches eigentlich positive Gespräch endete durch Missverständnisse und falsch verstandene Signale leider im negativen Bereich.

Im Sinne eines achtsamen Umgangs miteinander ein Vorgehen an dem man – gerade als Führungskraft permanent arbeiten sollte. Es beginnt ja in Kürze die Weihnachtszeit, machen Sie sich hier das Geschenk einer aufmerksamen Kommunikation – es lohnt sich – für Ihre Gesprächspartner – und damit auch für Sie selbst.

 

Quelle:
Jiménez, F.: Völlig verhext. Welt am Sonntag, Nr. 26, Juni 2016.
Kuhn, G. & Rensink, R. A. (2016):. The Vanishing Ball Illusion: A new perspective on the perception of dynamic events. Cognition.
Storch, M. & Tschacher, W. (2016): Embodied Communication. Bern: Hogrefe.

 

 

PS: Haben Sie die Wahrnehmungsfehler entdeckt? Das erste Bild zeigt nicht nur einen Hasen sondern in der anderen Richtung einen Vogelkopf. Und bei der zweiten Abbildung sehen Sie sich die mittlere Kugel gut an. Welche ist größer? Diejenige, die von den großen Kugeln oder diejenige, die von den kleinen Kugeln umrandet ist? Weder noch – beide sind identisch groß. Unser Gehirn täuscht nur durch die umrandeten Kugeln einen Größenunterschied vor.



Nie hört mir jemand zu! Die Krux mit Kommunikation und Wahrnehmung