Resilienz - neuer Modebegriff anstelle von Stressmanagement?
„Vor ein paar Jahren hat noch niemand den Begriff gekannt und jetzt soll auf einmal jeder ganz viel davon haben. “ – so ein Kommentar in einer Diskussion zum Thema Resilienz. Was also ist nun RESILIENZ und warum wird heute so oft im Zusammenhang mit psychischen Belastungen in der Arbeitswelt darüber gesprochen? Und vor allem: welche Lehren sind daraus für unsere Arbeitskultur in Betrieben und Organisationen zu ziehen?
Die Definition
Der Begriff Resilienz hat seine Wurzeln im Lateinischen, von dem Verb resilire: zurückspringen, abprallen. Im Englischen wird unter resilience Elastizität, Spannkraft verstanden.
Für den deutschsprachigen Raum überträgt C. Wustmann das Verständnis von Resilienz als „die psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken.“ Dabei ist das Auftreten resilienten Verhaltens an zwei Bedingungen geknüpft:
- Es besteht eine Risikosituation
- Das Individuum bewältigt diese positiv aufgrund vorhandener Fähigkeiten
Eine Definition, die auch der entwicklungspsychologischen Perspektive von Resilienz gerecht wird, stammt von R. Welter-Endelin: „Unter Resilienz wird die Fähigkeit von Menschen verstanden, Krisen im Lebenszyklus unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen“. Zu den Krisen gehören zum Beispiel: Trennung von oder Tod einer nahen Bezugsperson, Aufwachsen in Armut, eigene schwere Erkrankung.
Das Spannende an diesem Verständnis von Resilienz ist die ihm innewohnende Dynamik. Wie
die Resilienzforschung inzwischen gezeigt hat, ist Resilienz keine angeborene Fähigkeit, sondern sie entwickelt sich in einem Interaktionsprozess von Individuum und Umwelt. Es handelt sich bei Resilienz also um einen fortlaufenden, dynamischen Anpassungs- und Entwicklungsprozess.
Die Anfänge der Resilienzforschung
Das Besondere am Konzept der Resilienz ist die eingenommene Perspektive: Während im Salutogenese Konzept von A. Antonovsky4 die Frage im Vordergrund steht, welche Faktoren die Menschen gesund erhalten, wendet sich die Resilienzforschung der Frage zu, welche Ressourcen und Schutzfaktoren helfen Menschen, schwierige Situationen zu meistern.
Wichtig an beiden Konzepten ist: Es gilt durch Einflussnahme auf die positiven Ressourcen und Schutzfaktoren, die Menschen zu stärken. Die ist für das Gesundbleiben von Mitarbeitern/-innen und den erfolgreichen Umgang mit Belastungssituationen in der Arbeitswelt eine entscheidende Perspektive – neben dem Gedanken der Prävention durch Arbeitsschutz und Maßnahmen der Arbeitssicherheit.
Die älteste und längste Resilienzstudie wurde durch das Forscherteam um E. E. Werner und R.S. Smith in Hawaii durchgeführt – die Kauai-Studie. Die Forscher begleiteten den gesamten Geburtsjahrgang 1955 (698 Menschen) der hawaiianischen Insel Kauai über 40 Jahre hinweg und erhoben Daten über ihre Lebens- und Gesundheitssituation. Ein Drittel dieser Menschen lebte unter einer hohen Risikobelastung, wie z.B. Armut, familiäre Disharmonie. Trotzdem gelang es wiederum einem Drittel aus dieser Gruppe sich positiv zu entwickeln, einer erfüllenden Arbeit nachzugehen, Beziehungen einzugehen usw. Bei diesen resilienten Menschen zeigten sich sogenannte protektive Faktoren, wie z.B. emotionale Bezugspersonen, hohe Sozialkompetenz, positive Selbstwirksamkeitserwartung. Weitere Studien bei Kindern und Jugendlichen bestärkten die Erkenntnis, dass es nicht nur Risikofaktoren, sondern eben auch Schutzfaktoren – personale und soziale Ressourcen – gibt, die die Entwicklung der Individuen beeinflussen...
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