Marketing und Vertrieb

Einkauf und Compliance: Erfahrungen zur variablen Vergütung bei der Einkaufsberatung

Die Nachrichten über Korruptions- und Betrugsfälle werden in den Medien kontrovers diskutiert. Die Fälle nehmen nicht ab, sondern man hat das Gefühl, es wird in einigen Unternehmen weiterhin ein rechtlich unsauberes Geschäftsgebaren an den Tag gelegt. Steuervergehen, Korruption, Bestechung, Preise drücken, Preisabsprachen und andere Mittel scheinen weiterhin probate Mittel für einige Menschen im Geschäftsalltag zu sein. Werden diese aufgedeckt, dann führen diese oft zu hohen finanziellen Verlusten und Reputationsschäden. Firmen, Geschäftsführer und deren Mitarbeiter sind daher in unterschiedlichen Verantwortlichkeiten aufgefordert, offensiv gegen solche Aktivitäten vorzugehen und z. B. Korruption professionell aufzudecken und abzuwehren.

Die Einfallstore für diese Schäden sind vielfältig und können von außen lanciert z. B. durch die Vertriebsorganisation eines potentiellen Lieferanten initiiert werden, genauso kann es jedoch ein Verhalten innerhalb der eigenen Firma z. B. im Einkauf geben. Der Einkauf ist nach dem Vertrieb eine der auffälligsten Bereiche für mögliche Compliance Verstöße.


Die Deutsche Bahn schätzt, dass die Endkundenpreise 25% über den möglichen Preisen liegen, weil die Einkaufsfunktionen nicht alle Betrugsversuche gegen Preiskartelle abwehren können.

 

Viele Firmen wollen sich gerade bei technisch komplexen Themen zusätzlich durch die Einschaltung von Beratungsfirmen absichern, damit der Einkaufsprozess kompetent, transparent, fair und nachprüfbar gestaltet werden soll. Wie kann man dieses sicherstellen?

 

Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e.V. hat für die Beratungsbranche Grundsätze, Standards oder Leitfäden aufgestellt, die die Auswahl eines Beraters erleichtern. Zusätzlich können Firmen aus einer Beraterdatenbank Beratungsfirmen auswählen, die nach diesen Grundsätzen und den abgebildeten Qualitätskriterien arbeiten.

 

Seriöse Beratungsfirmen, die den Einkaufsprozess durchführen, vereinbaren mit den Kunden gemäß den entsprechenden Verbandsregeln eindeutige Honorare, die die Leistung der Beratung widerspiegeln.

 

Es gibt jedoch auch einzelne Beratungsfirmen, die diesen Standards nicht gerecht werden. In diesen Fällen ist es ratsam, sich die Bedingungen der Zusammenarbeit im Vorfeld transparent erklären zu lassen. Bespielhaft sind Beratungsfirmen genannt, die dem Kunden mitteilen, dass die Beratung für ihn rein erfolgsabhängig, kostenlos oder besonders günstig sei. Derartige Bezahlungsmodelle sind theoretisch möglich, man sollte jedoch sicherstellen, dass es für alle Beteiligten zu einer wirklichen Win-Win Situation führt. Anhand eines konkreten Falles soll dargestellt werden, wie aus einer Win-Win auch schnell ein Win-Lose für den Auftraggeber entstehen kann.

 

Eine Beratungsfirma verspricht dem Kunden eine zusätzliche Kosteneinsparung beim Einkauf über das Maß hinaus, dass der Kunde selber erreichen würde. Diese zusätzliche Kosteneinsparung dient der Beratungsfirma als Basis für die Berechnung einer eigenen, anteiligen erfolgsabhängigen Vergütung.

 

Als Basis der zusätzlichen Einsparungsgrenze werden die ersten von potentiellen Lieferanten angebotenen Preise zum Beispiel im Rahmen einer Ausschreibung genommen. Führt der Berater jetzt die Einkaufsgespräche durch und realisiert eine weitere Senkung der Angebotspreise, dann werden oft die drei besten Angebote dem Kunden mit einer Empfehlung für einen Anbieter vorgestellt.

 

Folgt der Kunde der Empfehlung und es kommt zum Vertragsabschluss, dann erhält der Berater sein anteiliges Beraterhonorar aus der Differenz zwischen dem anfänglichen Angebotspreis und dem vereinbarten Kaufpreis. Dies wurde vertraglich im Vorfeld zwischen dem Kunden und der Beratungsfirma schriftlich vereinbart.

 

Doch ist auch sichergestellt, dass dies optimal für den Kunden ist?

 

Am Beispiel einer Investition für eine Telefonanlage (Tabelle 1) sollen die verschiedenen Möglichkeiten einer unsauberen Vorgehensweise aufgezeigt werden. Da der Kunde selbst oft über keine technischen Kenntnisse in diesem Bereich verfügt, hat er einen externen Dienstleister, nach unserem Verständnis kein Berater, hinzugezogen, der in diesem Fall erfolgsabhängig honoriert wird.

 

 

 

 

1. Bezugsgröße: Vor Vertragsabschluss ist genau zu klären, welche Bezugsgröße als Grundlage für den Einkaufserfolg genommen wird. Gilt zum Beispiel der Erfolg bezogen auf das einzelne Angebot oder auf den Durchschnitt aller abgegebenen Angebote? Lieferant D scheint den besten Kaufpreis (37.000 Euro) zu haben, doch das Honorar kann je nach Vereinbarung (Durchschnittswert 17.900 Euro bzw. Einzelangebot D 23.200 Euro) um 5.300 Euro variieren. Bei diesem Anreizsystem ist es für den externen Dienstleister jedoch von Vorteil, wenn keine Marktpreise sondern sehr hohe Angebote nahe den Listenpreisen im ersten Schritt abgegeben werden.

 

2. Anbietertransparenz und erster Angebotspreis: Wie sieht es mit den Angeboten E und F (Tabelle 2) aus, die zu Marktpreisen oder Niedrigpreisen angeboten haben? Wurden alle Angebote berücksichtigt? Wenn der Dienstleister die Angebote E und F mit einrechnen würde, dann wären bei gleichen technischen Gegebenheiten auch die Angebote E und F im Vergleich zu D als Lösung möglich.

 

Nur bei Einbeziehung der Lösung E und F wäre je nach erfolgsabhängiger Vereinbarung die Erfolgskomponente wesentlich niedriger. In diesen Fällen kann es passieren und einschlägige Rechtsfälle bestätigen es, dass der unseriöse Dienstleister ohne Wissen des Kunden die Anbieter E und F auffordert, ein neues, erstes Angebot zum erhöhten bis zum doppelten Preis abzugeben. Sollten Anbieter E und F dieses nicht tun, wurde das Angebot aus welchen Gründen auch immer nicht weiterverfolgen.

 

 

 

 

3. Vermittlungsprovision: Der Dienstleister empfiehlt ein Angebot D und der Kunde entscheidet sich jedoch für C. Hat der Dienstleister jetzt eine Einbuße von 2.400 Euro hinnehmen müssen? Unseriöse Dienstleister, man sollte diese nicht Berater nennen, kann direkt oder indirekt mit den 4 Lieferanten A, B, C und D jeweils eine Abschlussprovision vereinbart haben. Er hat sein Vorgehen des hohen Preises und den Einkaufserfolg nochmals abgesichert und sorgt bei seinen Kunden dafür, dass alle 4 Lieferanten abwechselnd zum Zuge kommen. Anbieter E und F haben keine Chance und deren Angebote können so zum Nachteil des Kunden kaum in einer engeren Auswahl konkurrieren.

 

Die Nachteile dieses unseriösen Verfahrens trägt der Kunde und hat erhöhte Kosten.

  • Er erreicht nicht den bestmöglichen Marktpreis.
  • Er zahlt eine überhöhte Vergütung.
  • Er hat erhöhte Kosten durch höhere Einkaufspreise, weil der Anbieter die mögliche Abschlussprovision in seinen Angebotspreis erhöhend einkalkuliert hat.
  • Ihm werden marktgerechte und innovative Lösungen durch Ausschluss von Anbietern vorenthalten.
  • Ihm fehlen Markt- und Wettbewerbstransparenz.

 

Grundsätzlich und besondere bei Kenntnis dieses Vorgehens im Einkauf sind Vorstände und Geschäftsführer verpflichtet, die Risiken des Einkaufs im Rahmen Ihres Compliance Management Systems zu bewerten.

 

Die alleinige Benennung eines Compliance Beauftragten reicht nicht aus, es sind umfangreiche Schulungsmaßnahmen und Kontrollen für den eigenen Einkauf einzuplanen. Treten Vorfälle auf, dann sind die Geschäftsführer verpflichtet, diesen nachzugehen und zu ahnden. Das eingerichtete Compliance Management System ist dann entsprechend nach zu schärfen.

 

Lohnt es sich?


Entscheiden Sie selbst, ob es sich für Ihre Unternehmung lohnt. Der Wettbewerb zwingt Unternehmen ständig dazu, über ihre Kosten nachzudenken.


Haben Sie Fragen dazu? Wir helfen Ihnen gerne weiter! Sie erreichen uns per Mail unter christian.kuehl@anxo-consulting.com oder unter Telefon 06192 40 269 0.



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