Nachhaltigkeit im Maschinenbau – ein Blick auf die deutsche Vorzeigebranche
Oft hilft ein Perspektivwechsel, um die eigene Branche besser zu verstehen. Wenn sich jemand nach vielen Jahren in leitender Position im Werkzeugmaschinenbau entscheidet, die Seiten zu wechseln und Unternehmen zu unterstützen, offenbart die Außensicht auf die eigene Branche interessante Einblicke.
So ist es z.B. mit der Nachhaltigkeit. Es ist erstaunlich, dass gerade der Maschinenbau, die Vorzeigebranche der deutschen Wirtschaft, in Sachen Nachhaltigkeit erheblichen Nachholbedarf hat.
In den letzten Monaten haben Herausforderungen wie instabile Lieferketten, Preissprünge und Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung die meisten Maschinenbauer in Atem gehalten. Nachhaltigkeit, eines der Schlüsselthemen unserer Zeit, ist etwas aus dem Fokus geraten. Gleichzeitig entwickelt sich die Gesetzgebung zur Nachhaltigkeit ungeachtet aller Krisen weiter. Immer mehr Unternehmen müssen sich positionieren, nicht nur zu Emissionen sondern auch zu Lieferketten oder Sozialstandards.
Benchmark-Studie
In einer europaweiten, branchenübergreifenden Benchmark-Studie haben wir die Nachhaltigkeit verschiedener Branchen untersucht.
Die Benchmark-Studie zeigt, dass heute in Unternehmen des Finanz- und des Consumer-Bereichs die Nachhaltigkeit bereits stärker im Fokus steht, als im Maschinenbau.
Innerhalb des Maschinenbaus konnten wir eine klare Dreiteilung feststellen. Rund ein Drittel der Unternehmen beschäftigen sich bereits intensiv mit Nachhaltigkeit, ein Drittel gibt an die Absicht zu haben, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen und ein weiteres Drittel hat dieses Thema offensichtlich noch nicht auf der Tagesordnung.
Für die Firmen in der Spitzengruppe ist Nachhaltigkeit nicht nur ein Compliance-Aspekt, um einen schönen Geschäftsbericht zu schreiben. Diese haben Nachhaltigkeit in mehrfacher Hinsicht als strategischen Wettbewerbsfaktor erkannt.
Als Maschinenbauer stehen für unsere Kunden traditionell Technik und Preis im Zentrum der Kaufentscheidung. Allerdings wird Nachhaltigkeit von Kunden mit zunehmender Tendenz als Thema gesehen und bei der Kaufentscheidung berücksichtigt.
Unsere Kunden fordern nicht nur nachhaltige Produkte – Stichwort Life-Cycle-Management – sondern auch nachhaltiges Verhalten. Viele Maschinenbauunternehmen hatten bereits Einkaufsbedingungen auf dem Tisch liegen, in denen klare Bekenntnisse zu Gleichbehandlung, Anti-Korruption etc. eingefordert werden.
Im Kampf um Arbeitskräfte werben wir zunehmend um Menschen der Generation Z, die um die Jahrtausendwende geboren sind. Menschen, denen Aspekte wie Umwelt und soziale Faktoren in der Firma wichtiger sind, als den Vorgängergenerationen. Wenn wir auf dem Arbeitsmarkt Erfolg haben wollen, müssen wir unsere Außendarstellung entsprechend schärfen – aber das auch nach innen leben.
Nachhaltigkeit ist also nicht nur das Reduzieren von CO2 Emissionen, als dass sie vielleicht mancherorts verstanden wird. Nachhaltigkeit bedeutet eine Firmenkultur, die Umweltaspekte genauso einschließt, wie soziale Faktoren oder die regionale Verwurzelung des Unternehmens.
Wie geht man eine nachhaltige Unternehmenstransformation an?
Nachhaltigkeit fängt bei der Unternehmensführung an. Zu Beginn ist nach unserer Erfahrung eine Positionsbestimmung wichtig. Die Unternehmensleitung soll ein gemeinsames, klares Bild haben, wo sich das Unternehmen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit befindet.
Der nächste Schritt ist die Erstellung eines gemeinsamen Zielbildes: Wo möchten wir wann stehen?
Nun geht es an die Detailarbeit: Individuell auf die Unternehmenssituation zugeschnitten werden die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit überprüft und bewertet. Bei manchen Themen gibt es vielleicht bereits eine Nachhaltigkeitskultur, andere wurden bisher weniger beachtet. Manchen Aspekten wird höhere Priorität eingeräumt als anderen.
So entsteht ein detailliertes Bild, aus dem Prioritäten und schließlich Maßnahmen abgeleitet werden können.
Auch wenn das Ziel eine Kultur der Nachhaltigkeit ist, so ist die Implementierung zunächst ein Projekt, bei dessen Steuerung klassische Methoden des Projekt- und Programm-Managements zum Einsatz kommen.
Einige Unternehmen des Maschinenbaus haben die Transformation bereits begonnen. Es ist sicher, dass alle Unternehmen diesen Weg gehen werden, spätestens dann, wenn sie vom Gesetzgeber, von Kunden oder Banken dazu gezwungen werden oder wenn sie feststellen, dass sie für junge Mitarbeiter nicht mehr attraktiv sind.
Die Unternehmen, die das Projekt Nachhaltigkeit rechtzeitig angehen, werden bessere Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg haben, als jene die noch warten.
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