Führung – Ja klar, das kenne ich, das kann ich!
Seien wir bitte mal ehrlich, so oder so ähnlich haben wir alle jahrelang gedacht. Ich selbst doch auch. Vor 30 Jahren Studium, 1 Jahr Auslandspraktikum, 1 Jahr AIESEC Nationalkomitee, der Einstieg bei Procter & Gamble. Und dann Schulung, Training und Weiterbildung vom ersten Tag an, die Formung und Erfahrung nahm ihren Lauf, alles roger, oder?
Es folgt der freiwillige Wechsel zu Barilla / Kamps und plötzlich kam unaufgefordert, aber sehr vehement, das Feedback. Die Uhrmacherwerkzeuge, die ich so gewohnt war, kamen den neuen Kollegen wie Streitäxte vor. Also, ganz schnell anpassen und sich neu erfinden / taxieren, auf diesen externen Anstoß reagieren.
Heute -aber auch schon vor der Pandemie!- sind unsere Organisationen und Mitarbeiter immer schneller und häufiger mit neuen Herausforderungen in immer mehr Dimensionen konfrontiert. Die Unsicherheiten sind riesengroß und sie werden bleiben. Führung und (vor)gelebtes Führungsverhalten ist bei diesen mitunter ‚tektonischen Verschiebungen‘ der Erfolgsgarant. Mehr denn je, kommt es deshalb bei der Auswahl und Ausbildung der Richtigen auf ein möglichst umfassendes und vollständiges Bild der Kandidat*innen an. Und woher kommt der Anstoß zur Veränderung, zur Reflektion und Entwicklung?
Bisher bewährt haben sich Faktoren des Führungsverhaltens, die in den persönlichen Anlagen, Präferenzen, Einstellungen und Kompetenzen der Führungskräfte sicht- und messbar werden und so auch mit etablierten Benchmarks vergleichbar sind. Diese decken aber nur ca. 60% des Führungsverhaltens ab. Die so erarbeiteten und durchaus erfolgreichen Vorgehensweisen werden über die Zeit in uns sehr dominant und prägend, allein sie sind nicht mehr ausreichend für die Zukunft.
Zunehmende Aufmerksamkeit und Gewicht bekommen laut einer aktuellen Untersuchung von Odgers Berndtson deshalb die anderen 40%, die erfahrungsbasierten Faktoren des Führungsverhaltens. Erste Indikationen deuten an, dass vor allem die Organisationen erfolgreich sind, deren Führung / Führungskräfte eine klare und deutliche Denkweise und Mentalität, konkrete Visionen und den absoluten Willen zur Veränderung vertreten. Das ist leichter gesagt als getan, spielen doch Attribute wie Neugier, Agilität, strategisches Denken und sichtbare Änderungen im persönlichen Verhalten der Führungskräfte eine große Rolle. Demnach wird die zukünftig erfolgreiche Führungskraft verstärkt ihre weiche Seite zeigen, beherrschen und vermitteln müssen.
Die Jüngeren haben die Chance es gleich richtig zu machen und erwarten zu Recht von uns Erfahrenen dasselbe. Aber 30 Jahre später …stehe ich hier und kann nicht anders…, ich falle doch immer wieder in bewährte Muster zurück. Die Einsicht ist da, die Selbstreflektion hilft, aber die eigentliche Crux ist, man braucht Platz, muss sich entlernen / entleeren um Platz für Neues und selbst Altbewährtes zu schaffen. Und ganz ehrlich, mehr Trainings, mehr Analysen packen viele erfahrene Führungskräfte nicht, das haben wir alle X-mal durchgemacht. Zur fundamentalen Weiterentwicklung benötigt man einen Gleichgesinnten, einen Sparringspartner, einen Coach, einen auf dem eigenen Level, der das selbst durchlebt hat, dem man vertrauen kann. Dann kann das funktionieren, dann muss und wird es funktionieren und die Führungskraft bleibt Teil der Zukunft.