Organisationsästhetik als Konzept und Dimension - Eine Komprimierung
Die ästhetische Perspektive ermöglicht eine neue, differenzierte Betrachtung von Organisationen. Derzufolge sind diese von Menschen gemachte Erscheinungen; sie verändern sich permanent, sind verhandelbar und implizieren eine positive Haltung zur Zukunft. Denn: Jede menschengemachte Ordnung und Struktur – und Prinzipien, Normen – ist nicht natürlich, ständigen Veränderungen unterworfen und somit flexibel, modifizierbar, gestaltbar und darüber hinaus anders denkbar.
Damit ist Organisationsästhetik für die Weiterentwicklung von Organisationen ein Mehrwert von zentraler Bedeutung. Sie dient der Identifizierung, der Konzeptualisierung und der Analyse von Strukturen und unterschiedlichen Aspekten – besonders im Hinblick auf das Thema „Transformation“ und „Change“.
Vergleichbar ist das mit leeren, weiß gestrichenen Räumen, die gestaltet werden können, damit eine wahrnehmbare Atmosphäre entsteht, eine Dichte, Mehrdimensionalität und ein Zusammenhang.
Schon Lukrez schrieb in „De rerum natura – Über die Natur der Dinge“: „Nicht die Sinne trügen, sondern der denkende Verstand.“ Eine streitbare und herausfordernde Aussage – besonders in heutigen Zeiten.
Atmosphären und Vorstellungen
Zum Einstieg und als konkrete Anschauung mag die Vergegenwärtigung von Erinnerungen, Erfahrungen und Erlebnissen dienen, die, trotz unterschiedlichster individueller Hintergründe, Fantasien und Sehnsüchte, kollektiv und synchron Assoziationen hervorrufen, wenn es beispielsweise um bestimmte Orte geht: Rom, Paris, Berlin rufen ihre je ganz eigenen Atmosphären ins Gedächtnis; Südfrankreich, Süditalien, Südspanien sind mit je unterschiedlichen aber ganz spezifischen Emotionen verbunden; Hotels, wie zum Beispiel das „Cipriani“ in Venedig das „Carlton“ in Cannes, das „Mena House“ in Kairo, leben noch heute von einer ganz bestimmten Aura und ziehen das Publikum an, das an dieser teilhaben beziehungsweise ein Teil davon werden möchte. Ganze Hotelketten firmieren in den Namen von Traditionshäusern, um von deren Strahlkraft zu profitieren.
Atmosphären und Vorstellungen entstehen mit und durch Gefühle, die potenziell für andere Menschen spürbar sind.
Ästhetische Systeme
Und wie Städte und Hotels ihre ganz eigene Ästhetik besitzen, so gilt das Gleiche für Organisationen. Geprägt wird die je eigene Ästhetik durch die Region, die Lage, die Ausrichtung, die Klientel, die Haltung und den Anspruch der Eigentümer – um nur einige der offenkundigsten ästhetischen Parameter und Qualitäten zu benennen. Ästhetische Systeme existieren in jedem Umfeld. Sie sind wie Räume, die sich nach und nach in der Begehung zu einer Wohnung, zu einem Haus, zu einem Ort, zu einer Stadt miteinander verknüpfen. Die Räume sind in ihrer je eigenen und unterschiedlichen Zuordnung und Nutzung definiert und gleichermaßen miteinander verbunden. https://contorfranck.de/glossary/aesthetik/
Ästhetische Beschaffenheit und ihr Einfluss
So besitzen auch Organisationen, jeder Organisationsalltag ästhetische Dimensionen, auf der Mikro-, Meso- und Makroebene – einschließlich der darin sich manifestierenden Themen wie zum Beispiel Führung, Struktur, Kommunikation, Kultur. Die ästhetische Beschaffenheit hat direkten Einfluss auf das Individuum, auf die Gruppe, auf das soziale Gefüge (inkl. interner und externer Kommunikation) und damit nicht zuletzt auf Arbeitsbeziehungen, Leistungen und Außendarstellung. Dieses ästhetische System ist immanenter Teil und zugleich organisationale Ressource.
Dies lässt sich je nach dem Grad der Bewusstheit mehr oder weniger konkret benennen und ist abhängig von der Gleichzeitigkeit der Eindrücke und der Komplexität an Wahrnehmungen. Mit der aktiven Auseinandersetzung wird indes auch implizites Wissen lesbar und damit zugänglich.
Überdies schaffen Bildsprache und Sprachbilder Identifikation mit Werten und Zielen. Die je eigenen Narrative formen die je eigene, bewusst und unbewusst gestaltete Ästhetik. Denn zwischen Individuum, Organisation, Gemeinschaft und Gesellschaft besteht ein unauflösbarer Zusammenhang.
Damit gründet die Organisationsästhetik auf der Anschauung, dass Ästhetik ein Fundament menschlichen Wissens ist, durch sinnliche Wahrnehmungen entsteht und durch sie erweitert wird. Damit ist sie die konnektive Perspektive in der Organisationstheorie und -praxis. Immer mehr und immer enger werden analoge und digitale Welten miteinander vernetzt, mit immer mehr Überschneidungen und den damit einhergehenden Friktionen. https://contorfranck.de/glossary/organisationsaesthetik/
Auf sinnlicher Wahrnehmung basierendes Wissen
Die Vielfalt der physischen, materiellen Dinge der Welt ist endlich, die Möglichkeiten der geistigen Dinge sind unendlich. Das ist grundlegend, um daraus ein im ästhetischen Sinne stimmiges, zusammenhängendes Gefüge gestalten zu können.
Dabei geht es nicht darum, unterschiedliche ästhetische Wert-Urteile zu verteidigen, gegeneinander abzuwägen und sie in eine Rangfolge zu drücken, sondern vielmehr um eine kritische Betrachtung und Analyse, um einen Prozess, der ein umfassenderes entwickeltes Urteilsvermögen ermöglicht.
Es geht um Wissen, das nicht rein rational, sondern zudem auf sinnlicher Wahrnehmung basiert, das nicht rein logisch herleitbar ist, item die Wirklichkeit abbildet und durch diese Erweiterung ein größeres Bild entstehen lässt, das mehrdimensional betrachtet werden kann, das mehr als die Summe ihrer Teile ist...für eine #NeueÄsthetischeDimension