Die Kunst des Kommunizierens im organisationalen Change
Kommunikation in organisationalen Change-Prozessen ist viel mehr als nur ein Austausch von Informationen zwischen Sender und Empfänger. Diese besondere Art der Kommunikation muss weitergedacht werden, denn mit ihr geht eine ganz konkrete Erwartungshaltung für die Verwendung der ausgetauschten Information einher. In ihrer Summe haben alle kommunikativen Prozesse, die in einem Change-Projekt (oder weiter gefasst: in einem Change-Prozess) ablaufen, nur einen Sinn und Zweck: Das jeweilige Veränderungsvorhaben zu unterstützen.
Im Kontext des Prozessmanagements wird die Kommunikation nach Doppler und Lauterburg daher als ein „unverzichtbares Steuerungsinstrument“ [Doppler, Lauterburg: Change Management – Den Unternehmenswandel gestalten. Campus, Frankfurt/Main, 2014, S. 392] bezeichnet sowie als ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Mitarbeiteridentifikation mit dem Projekt und als eine Bedingung einer motivierenden Unternehmenskultur [Ebd.].
Eine durchdachte, den Change unterstützende Kommunikation hat daher eine immense Bedeutung für eine erfolgreiche Erreichung der Projektziele. Umgekehrt kann eine fehlgeschlagene Kommunikation gefährliche Folgen für ein Unternehmen haben, unter anderem:
• Verlust der Glaubwürdigkeit der Change-Verantwortlichen und des Change-Vorhabens
• Change-Resistenz der Mitarbeiter
• Einbruch der Produktivität aufgrund sinkender Motivation
• Höhere Fluktuationsrate
• Unter Umständen Restart des Change-Prozesses mit (meistens erheblich) höheren Kosten
• In Folge: Verzögerung in der Erreichung der Unternehmensziele
Was wäre also bei einer guten Change-Kommunikation unbedingt zu beachten?
Diese Frage lässt sich grundlegend anhand eines Zitates von K. Lorenz (österreichischer Verhaltensforscher) beantworten, der alle fundamentalen Aspekte der Kommunikation darin angesprochen hat:
„Gedacht heißt nicht immer gesagt, gesagt heißt nicht immer richtig gehört, gehört heißt nicht immer richtig verstanden, verstanden heißt nicht immer einverstanden, einverstanden heißt nicht immer angewendet, angewendet heißt noch lange nicht beibehalten“.
Umgekehrt bedeutet dies, dass:
• die Information auf eine empfängergerechte Art abgesendet sein soll
• der Empfänger die Information wahrgenommen hat
• der Empfänger die Information verstanden hat
• der Empfänger mit dem Inhalt der Information einverstanden ist
• der Empfänger die Information entsprechend anwendet
• je nach Sinn und Zweck der Information, der Empfänger die einmalige Anwendung dauerhaft in seine Arbeitsprozesse überführt
Werden diese Bedingungen eingehalten, wird auch sichergestellt, dass die Information die ihr zugewiesene und intendierte Wirkung entfalten und den Change-Prozess unterstützen kann.
Kommunikation im Change ist immer ein Prozess.
Aufgrund ihrer Tragweite für den Change, ist die Kommunikation stets als Prozess zu planen und anzugehen:
„Ein Kommunikationsplan sollte immer erst dann erstellt werden, wenn alle wesentlichen Eckpfeiler der Veränderung definiert wurden (Projektziel, Meilensteine, zeitlicher Rahmen, Kommunikations-Partner/Stakeholder, Gesprächsbedarfe)“ [Reckow, Bemmé: Erfolgsfaktor Change-Management, in: Deelmann, Ockel (Hrsg.): Handbuch der Unternehmensberatung. Organisationen führen und entwickeln, Erich Schmidt Verlag 2018, S. 19.].
Ein Kommunikationsplan muss immer folgende Bausteine transparent und vollständig definieren:
• die Kommunikationsziele
• den zeitlichen Ablauf
• die Kommunikationspartner
• die Kommunikationsinhalte
• die Kommunikationsformate
• die Kommunikationskanäle
Da es bei der Kommunikation im organisationalen Kontext immer um einen Prozess geht, sind impulsive ad hoc Handlungen grundsätzlich untersagt. Doch ist die menschliche Kommunikation in einem sich wandelnden Umfeld genauso dynamisch und bisweilen sprunghaft. Es erfordert daher von den Projektverantwortlichen viel Wissen, Erfahrung und menschliches Gespür, um bei spontan auftretenden Bedingungen die nötigen Anpassungen vorzunehmen, ohne dass dadurch an den Projektzielen vorbei gehandelt wird.
Solche unvorhersehbaren Ereignisse können sich sehr schnell in Projekt-Hemmnisse und -Blockaden verwandeln, wenn mit den Projektbeteiligten keine entsprechende Kommunikation geführt wird, die die Menschen in ihren emotionalen (Change-)Phasen mitnimmt, um die unweigerlich auftretenden Widerstände zu minimieren und in positive Energie umzuwandeln, denn:
„Widerstand ist immer ein Signal. Es zeigt an, wo Energie blockiert ist. Mit anderen Worten: Widerstand zeigt an, wo Energien freigesetzt werden können. Widerstand ist also im Grunde nicht ein Störfaktor, sondern eine Chance - vorausgesetzt sie wird als solche erkannt und wahrgenommen.“ [Doppler, Lauterburg, S. 364.]
Im Falle eines Widerstandes sollte sich die Kommunikation noch stärker auf die emotionale Lage des Betroffenen beziehen.
Dabei soll der Kommunikationsführer auf folgende Aspekte achten:
• Wie tangiert die Veränderung den Betroffenen, in welcher Gefühlslage befindet er sich und welche Fragen bewegen ihn?
• Welche Kommunikationswege sind ihm am nächsten?
• Wieviel Vertraulichkeit ist in der Kommunikation angemessen?
• Welche Gremien sind u.U. mit einzubeziehen, um allen Bedürfnissen gerecht zu werden?
Fazit
Das Potenzial einer gelungenen Kommunikation für den Change-Erfolg bleibt immer noch oft unerkannt, die hohe Kunst des Kommunizierens wird missdeutet und voreilig als offensichtlich hingenommen. In vielen Projekten wird der Fokus starr auf die sachbezogenen Prozessabläufe ausgerichtet. Doch es geht darum, harte und weiche Faktoren ins Gleichgewicht zu bringen und zu realisieren, dass sich die angestrebten Kennzahlen nur mit motivierten und zufriedenen Mitarbeitern umsetzen lassen.
Ich verweise Sie gerne an dieser Stelle auf den Hauptartikel zu diesem spannenden Thema, der im Fachbeitrag: „Erfolgsfaktor Change Management. Nutzen, Grenzen und Anforderungen erfolgreichen Veränderungsmanagements“ im Handbuch der Unternehmensberatung erschienen ist.