ERLESEN

Interview: LinkedIn kann auch für Unternehmensberater ein Accelerator sein

Jochen Doppelhammer (Country Manager & Head of Product DACH) im Dialog mit BDU-Präsident Ralf Strehlau - Über die multifunktionale Rolle von LinkedIn und warum Unternehmens- und Personalberater die Plattform für Networking und Markenbildung nutzen sollten

Ralf Strehlau: Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht digitale Businessnetzwerke wie LinkedIn im B2B heutzutage?

Jochen Doppelhammer: Unsere Vision ist es, allen Mitgliedern mehr Möglichkeiten im gesamten Wirtschaftskreislauf zu eröffnen. Wir tun das zum einen, indem Nutzer auf LinkedIn ihr im realen Leben existierendes physisches Netzwerk aufbauen, abbilden und pflegen können – so können Mitglieder von LinkedIn ihre professionelle Identität darstellen und selbst bestimmen, wie sie sich im beruflichen Kontext zeigen möchten. Zum anderen geht es auch darum, dass sich unsere Mitglieder aktiv austauschen können, also sich gegenseitig unterstützen, Ratschlag geben, Wissen teilen und Informationen bekommen. Darüber hinaus können sie sich weiterbilden, über die Inhalte der anderen Mitglieder oder über Produkte, die wir anbieten. Dabei stehen die meisten Funktionalitäten unseren Mitgliedern und Unternehmen kostenlos zur Verfügung. 

 

Ralf Strehlau: Sie sprechen das Thema Weiterbildung an. Auf dem Beratertag des BDU im November deuteten Sie in Ihrem Vortrag an, es sei noch zu wenig bekannt, wie viel Content zur Aus- und Weiterbildung auf LinkedIn abrufbar ist.

Jochen Doppelhammer: Zum einen kann natürlich bereits der individualisierte Newsfeed, der durch die Inhalte ihres Netzwerks entsteht, bereits sehr branchenspezifischen Input geben, informieren und inspirieren. Zum anderen bieten wir mit LinkedIn Learning eine dedizierte Plattform, auf der sich Mitglieder ganz nach ihrem Bedarf weiterbilden können. Auf LinkedIn Learning finden sie die größten Fortbildungs-Inhalte im deutschsprachigen Bereich – und unser Angebot wächst rasant. Die Bibliothek umfasst aktuell mehr als 15.000 Kurse, 4.000 davon sind deutschsprachig. Wir produzieren die Inhalte entweder selbst oder mit Partnern, die teilweise Angebote für ihre Mitarbeiter integrieren. Da findet sich für jeden etwas: Von Business- und Managementkursen über technischere Themen wie Kurse rund um Künstliche Intelligenz oder Programmiersprachen, bis hin zu Trainings aus dem Kreativbereich, wie beispielsweise Photoshop oder InDesign. Warum wir davon überzeugt sind, dass solche Weiterbildungsangebote im beruflichen Kontext so wichtig sind? Weil es heute nicht mehr reicht, einen Job zu bekommen, sondern weil es noch entscheidender ist, wie ich als Mitarbeiter auch morgen im Arbeitsmarkt relevant und einsetzbar bin. Das heißt: In einer Welt, die sich schnell verändert, wird lebenslanges Leben immer wichtiger.

 

Ralf Strehlau: Bei der Weiterbildung haben Sie es mit sehr unterschiedlichen Zielgruppen zu tun: Studenten, junge Nachwuchskräfte, Selbstständige und Führungskräfte von mittleren und größeren Unternehmen? Sind alle Zielgruppen gleich wichtig oder setzen Sie Prioritäten?

Jochen Doppelhammer: Wir betreiben sehr viel Nutzerforschung und können auf Basis der Analysen individuell auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnittene Weiterbildungsmöglichkeiten bieten. Auf der Unternehmensseite sind die großen, internationalen Unternehmen die Vorreiter in der Nutzung. Aber auch der Mittelstand ist – vor allem in Deutschland – ein sehr wichtiger Partner für uns. Berufsanfänger, Absolventen und Studenten finden ein Angebot für ihre Fragen wie zum Beispiel: Wie funktioniert das Berufsleben, oder auch ganz operativ: Wie funktioniert eine Pivot-Tabelle in Excel? Unsere Kurse sind überwiegend sehr praxisorientiert und ergänzen die akademische, oft etwas theoretische Ausbildung der Universitäten in Deutschland.

 

Ralf Strehlau: Sie sagen, dass der Mittelstand in Deutschland für Sie ein wichtiger Partner ist. Wenn man als mittelständisches Unternehmen mit einem großen, angloamerikanisch geprägten Unternehmen zusammenarbeitet, erlebt man es leider häufig, dass man mit seinem besonderen Anliegen in einem Callcenter im Ausland landet. Da bekommt man das Gefühl, dass in Deutschland nur die Sales-Teams sitzen und es keinen Service gibt. Bietet LinkedIn besseren Support?

Jochen Doppelhammer: Wir vertreten eine andere Philosophie und arbeiten daran, lokal stärker präsent zu sein und das nicht nur mit den Sales-Teams, sondern auch mit Customer-Success-Managern. Wir investieren lokal und wollen sicherstellen, dass ein deutschsprachiges Angebot zur Verfügung steht. Beispielsweise haben wir gerade unser zweites Büro in Berlin eröffnet. Persönlicher Kontakt ist wichtig, allerdings sollte man auch nicht unterschätzen, dass viele Unternehmen auch nach den Self-Service-Plattformen fragen. Wenn diese gut funktionieren und Prozesse beschleunigen, kann das Kunden einen zentralen Mehrwert bieten. 

  

Ralf Strehlau: Viele Personalberater nutzen LinkedIn bereits professionell für die Suche nach Führungskräften und Talenten. Sehen Sie sich als Partner oder als Wettbewerber, der die Veränderung des Geschäftsmodells in der Personalberatung vorantreibt?

Jochen Doppelhammer: Das digitale Umfeld sorgt für Veränderungen im gesamten HR-Bereich. Es gibt viele Plattformen in der Personalbeschaffung – da sind wir nur einer von vielen Anbietern. Wir wollen durchaus ein guter Partner für Personalberater sein und haben Teams, die gezielt und konstruktiv mit ihnen zusammenarbeiten. Personalberater, die unsere Angebote nutzen, sparen Zeit bei der Suche – ein wichtiger Faktor heutzutage. Der digitale Wandel geht eben am Geschäftsmodell der Personalberater nicht spurlos vorüber. Manche sehen das als Chance, andere mehr als Bedrohung. 

 

Ralf Strehlau: In Deutschland haben wir – anders als in UK oder USA – einen ausgeprägten Beratungs-Mittelstand. Im BDU sind Unternehmensberatungen aller Größenordnungen vertreten. Die Großen verfügen über genug Ressourcen, um mit einem Teil ihrer Kapazitäten digital zu experimentieren. Für solche Spielwiesen fehlen den Mittelständlern häufig die Ressourcen. Wie kann LinkedIn diese Gruppe bei ihrem Wachstum und Markenaufbau unterstützen?

Jochen Doppelhammer: LinkedIn kann auch für mittelgroße und kleinere Unternehmensberater ein Accelerator sein. Sie sollten systematisch ihr Netzwerk aufbauen und das nicht nur lokal. Das hängt auch mit der Funktionsweise der Algorithmen zusammen. Wenn ich nur ein örtlich begrenztes Netzwerk habe, wird mir auch nur dieses Umfeld bei LinkedIn angezeigt. Das Berufsleben wird aber immer internationaler.

 

Ralf Strehlau: Was machen manche Unternehmen auf Ihrer Plattform besser als andere?

Jochen Doppelhammer: Bei unserer jährlichen Top-Companies-Liste, also den Unternehmen, an denen unsere Mitglieder laut ihren Interaktionen mit den veröffentlichten Inhalten am meisten Interesse zeigen, stellen wir fest, dass es sehr gut funktioniert, Personen in den Vordergrund zu stellen. Inhalte funktionieren besser, wenn ein Gesicht und ein Profil dahinter stehen und nicht nur die Marke des Unternehmens. Die Botschaften von Unternehmen werden stärker als Werbung wahrgenommen.

 

Ralf Strehlau: Wie in physischen Netzwerken auch. Sie empfehlen also, dass die Führungskräfte von Unternehmensberatungen sich stärker als Personenmarke positionieren sollten, weil sie die stärkere Strahlkraft hat?

Jochen Doppelhammer: Ja, auch wenn Unternehmen sich teilweise schwer damit tun, Personen als Marke aufzubauen. Marken, die sich personifizieren, wirken aber in der Tat authentischer und glaubwürdiger. Diese Chance können auch kleinere Beratungen nutzen, wenn es hier eine starke Persönlichkeit gibt. Wenn man dann auch noch gute Inhalte und praktische Beispiele aus ihrer Arbeit einstellt, zahlt sich diese Investition irgendwann aus.

 

Ralf Strehlau: Content spielt eine wichtige Rolle bei der Sichtbarkeit, aber nur wenige, die es lieber auf eigene Faust versuchen, z. B. mit einem Blog, schaffen es, eine Relevanz zu erreichen, die den Aufwand rechtfertigt ...

Jochen Doppelhammer: … das ist meines Erachtens heutzutage fast unmöglich. Es dauert lange, bis ich über SEO-Maßnahmen eine eigene Website in der Sichtbarkeit bei Google nach oben ranke. Wenn Sie hingegen eine Unternehmensseite bei LinkedIn haben, dann werden Sie auf Google und auf LinkedIn gefunden und kontrollieren selbst, was über Ihr Unternehmen dort steht. Gute Inhalte auf LinkedIn finden Resonanz. Der Anspruch muss dabei gar nicht sein, völlig neue Gedanken zu entwickeln. Genauso wichtig ist es, das Selbstvertrauen zu haben, etwas Vernünftiges über ein Thema zu schreiben und sich mit anderen darüber auszutauschen. Studien zeigen: diejenigen, die sich schon im frühen Stadium Feedback eingeholt und Learnings eingebaut haben, sind erfolgreicher, als diejenigen, die im „stillen Kämmerlein“ etwas ausbrüten.

 

Ralf Strehlau: Schwenken wir einmal um zum Thema Datenschutz. Am Beispiel des Datenskandals bei Facebook, haben wir gesehen, wie schnell amerikanische High-Tech-Firmen in Europa in die Negativschlagzeilen geraten können. Wie gehen Sie bei LinkedIn mit diesem Thema um?

Jochen Doppelhammer: Für uns ist Datenschutz seit jeher eine extrem wichtige und vertrauensvolle Aufgabe. Unsere Strategie lautet „Mitglieder an erster Stelle" und wir tun alles dafür, den Schutz der Mitgliederdaten sicherzustellen. Dadurch konnten wir bisher größere Fehler vermeiden. Sicherlich, völlige Sicherheit kann niemand garantieren, denn es sind überall Menschen involviert – aber man muss eben auch aus kleinen Fehlern lernen und das hat sicher etwas mit Werten und der eigenen Unternehmenskultur zu tun. Investiere ich in die Mitglieder und den Datenschutz, auch wenn es langsameres Wachstum mit sich bringt? Oder will ich Wachstum um jeden Preis und gehe dann auch Risiken ein? Ich würde sagen, dass die Wertekultur bei LinkedIn überwiegt.

 

Ralf Strehlau: Verraten Sie uns zum Schluss Ihre persönlichen Tipps für das digitale Netzwerken im B2B?

Jochen Doppelhammer: Erstens: Trauen Sie sich aktiv zu sein, springen Sie selbstbewusst ins kalte Wasser und probieren Sie die Angebote einfach aus. Zweitens: Stellen Sie Personen stärker in den Vordergrund als abstrakte Marken. Und drittens: Berater sollten Insights ihrer Arbeit teilen und Thought Leadership für bestimmte Themen einnehmen, um einen professionellen Austausch in Gang zu setzen.

 

Ralf Strehlau: Ein schönes Schlusswort - ich danke Ihnen für das Gespräch Herr Doppelhammer!

Zurück zur Übersicht