Stornieren eines Beratungsauftrages – Anspruch auf Schadenersatz?
Es kommt gelegentlich vor, dass ein Klient eine Beratungsvereinbarung vor oder während des Projekts beenden will. Geht das eigentlich so einfach? Und wann muss der Klient für Absagen auch bezahlen? Grundsätzlich hängen die Rechte und Pflichten von der vertraglichen Vereinbarung ab. Nur: Wenn kein Vertrag vorliegt oder dieser die Frage der Kündigung nicht behandelt, greift das Gesetz und dann wird es kompliziert.
Kündigung von Dienstverträgen
Für den am häufigsten anzutreffenden Fall, den Dienstvertrag (Abrechnung nach Zeitaufwand), ist zunächst § 621 BGB relevant, der die Kündigungsfrist vom zeitlichen Maßstab abhängig macht:
Erfolgt beispielsweise die Vergütung nach Tagen, ist die Kündigung für den Ablauf des folgenden Tages möglich. Erfolgt sie nach Wochen, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends und so fort.
Das gilt nur dann nicht,
- wenn das Mandat auf eine „bestimmte Zeit“ ausgerichtet und vereinbart war, z. B. ‘Beratung vom 1. Mai bis 20. Juni 2017‘ (vgl. Landgericht Krefeld, Urteil vom 1. April 2003). Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 10. Januar 2001) hat hiervon allerdings unpräzise Vereinbarungen wie „80 Manntage“ ausgenommen.
- wenn für das Mandat eine „ Zweckerreichung“ (Durchführung eines Workshops) vereinbart war.
Außerordentliche Kündigung bei Vertrauensverlus
Ist § 621 BGB also nicht anwendbar, gibt es zwei weitere Kündigungsvorschriften. Der Klient kann sich auf eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB berufen, muss dafür aber einen wichtigen Grund benennen. Für den Klienten muss die Fortsetzung des Mandats unzumutbar sein. Die Hürden hierfür sind recht hoch, das könnte etwa beim Verrat von Betriebsgeheimnissen durch den Berater gelten.
Oder der Kündigende beruft sich auf § 627 BGB: Diese Vorschrift sieht ein Kündigungsrecht bei nicht laufend erbrachten „Diensten höherer Art, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen werden“ vor. Dann muss der Auftraggeber die Kündigung nicht weiter begründen. Es reicht aus zu sagen, dass zwischen den Parteien die „Chemie nicht mehr stimmt“. Die Gerichte erkennen dabei in der Regel an, dass Leistungen von Consultants – ebenso wie von Rechtsanwälten oder Steuerberatern – solche „höherer Art“ sind (vgl. Landgericht Dortmund, Urteil vom 3. Januar 2014).
Kann man einer GmbH „persönliches Vertrauen“ entgegenbringen?
Ob bei Beratungsmandaten auch stets das nötige „persönliche Vertrauen“ vorliegt, wird von der Rechtsprechung kontrovers diskutiert. So hat das Landgericht Krefeld entschieden, dass gegenüber einer juristischen Person wie einer GmbH per se kein „persönliches“ Vertrauen entgegengebracht werden kann und damit § 627 BGB unanwendbar sei. Diese Meinung teilt auch das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 8. Juni 2004). Das OLG München (Urteil vom 10. Januar 2001) und das oben erwähnte Landgericht Dortmund meinen hingegen, man könne auch einer GmbH „persönliches“ Vertrauen entgegenbringen. Eine dritte Meinung differenziert etwas stärker: War für den Klienten ein spezieller Berater vor und während der Beratungsleistung erkennbar zuständig und fällt dieser während des Projektes weg, soll nach einem Urteil des Oberlandesgericht Hamm (vom 22. Januar 2015) eine Kündigung auch gegenüber einer GmbH möglich sein.
Wann haben Sie einen Schadenersatzanspruch?
Besteht also ein Kündigungsrecht, kann der Berater den seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (§ 628 BGB), etwaige Pauschalhonorare werden gegebenenfalls auf einen angemessenen Teilbetrag reduziert (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1986) – mehr aber nicht. Allenfalls denkbar ist, dass sich der Berater auf einen Schadenersatzanspruch wegen der entgangenen Vergütung beruft. Dazu müsste er aber aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens seines Auftraggebers selbst zu einer Kündigung gezwungen worden sein (§ 628 Abs. 2 BGB). Hierfür müssen gewichtige Gründe vorgelegen haben, eine bloße Kritik am Berater genügt hierfür nicht. Das Oberlandesgericht München hat im Falle einer anwaltlichen Beratung eine Beleidigung mit drastischen Vorwürfen und Drohungen („Kennen Sie den Spruch: Beiße nicht die Hand, die Dich füttert!“) für kündigungsausreichend erachtet (Urteil vom 10. Dezember 2014). Denkbar ist auch ein vertragswidriges Verhalten, etwa bei Klienten, die trotz Aufforderung und Information über die Folgen ihre Mitarbeit verweigern, zum Beispiel nötige Unterlagen nicht zur Verfügung stellen oder aber unwahre Angaben machen.
Einschränkung der Kündigungsrechte über AGB?
Kann man über Allgemeine Geschäftsbedingungen die Kündigungsrechte ausschließen? Für den § 626 und – jedenfalls in AGB – für den § 627 BGB ist das nach der Rechtsprechung unzulässig. Auch unzulässig wäre es, für den Fall einer Kündigung durch den Klienten anstatt einer noch ausstehenden Vergütung für noch nicht erbrachte Dienste eine Art pauschalen Schadenersatz zu vereinbaren – denn das würde das Recht zur Kündigung „weil die Chemie nicht mehr stimmt“ nach § 627 BGB unzulässig erschweren (BGH, Urteil vom 3.Februar 2005; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 2007). Das „Kündigungsrecht“ nach § 621 BGB ist dagegen durch AGB änderbar.
Liegt daher kein Fall des § 627 BGB vor oder wird dieser einzelvertraglich ausgeschlossen, ist eine Formulierung wie „Jede Partei ist berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von … Wochen zum Monatsende zu kündigen“ nicht unüblich.
Fazit
Kündigt der Auftraggeber, muss er alle Leistungen, die bis dahin erbracht wurden, auch vergüten. Das Recht zur Kündigung von Beraterverträgen (als Dienstvertrag), kann nur teilweise eingeschränkt werden. Vieles hängt zudem von der Konstellation des Einzelfalls ab. In jedem Fall ist eine sorgfältige vertragliche Formulierung zu empfehlen.
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Autor: Kai Haake ist Geschäftsführer des BDU.
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