Lieferkettengesetz - das Wichtigste im Überblick
Immer wieder gibt es Berichte über unhaltbare Zustände für Beschäftigte in Kleidungsfabriken in Asien oder die Nichteinhaltung von Umweltstandards bei Produktionsstätten rund um den Globus. Um hier gegenzusteuern hat der Bundestag im Sommer das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beschlossen. Es tritt am 1.1.2023 in Kraft und verpflichtet Unternehmen in Deutschland mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden (ab 1.1.2024 schon ab 1.000) bei ihren Lieferketten auf den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt zu achten.
Das Gesetz schafft zwar „nur“ eine Bemühenspflicht und verlangt von den Unternehmen keine Garantie, dass Menschenrechtsverstöße in jedem Fall verhindert werden. Aber die Unternehmen müssen belegen können, dass sie ein Risikomanagement einrichten, Risikoanalysen durchführen, Beschwerdeverfahren ermöglichen, aber auch Abhilfemaßnahmen prüfen.
Nun stehen Consultingfirmen nicht im Verdacht, grundlegende Pflichten wie das Verbot von Kinder- oder Zwangsarbeit, die Pflichten des Arbeitsschutzes (nach dem Recht des Beschäftigungsortes) zu missachten. Aber: Problematisch könnte auch ein Investment in Staaten sein, die beispielsweise die Koalitionsfreiheit oder Equal Pay missachten. Da stellt sich schnell die Frage, wie beispielsweise eine Zusammenarbeit mit oder Tätigwerden in China zu bewerten ist, da das Land keine freien Gewerkschaften zulässt (siehe auch Stellungnahme des BDI dazu vom 11. Mai 2021). Oder die Problematik eines wachsenden Gender Pay Gaps in Südafrika (vgl. University of Stellenbosch, !2/2020).
Spätestens hier sind auch Beratungsunternehmen betroffen. Zum einen unmittelbar in Fällen, in denen sie konkrete Investments ihrer Kunden (Konzerne & andere große Unternehmen) bewerten sollen, etwa Markteintritte in andere Staaten oder die Planung von internationalen Lieferketten. Zudem: Die Erfahrungen aus Compliance-Abteilungen großer Konzernkunden zeigen, dass die Frage „zu den Menschenrechten“ zukünftig im Rahmen von Pitches und Ausschreibungen grundsätzlich gestellt werden wird. Eine große deutsche Bank fragt ihre Dienstleister schon jetzt: „Wie stellen Sie die Einhaltung der Menschenrechte in Ihrem Unternehmen sicher?“.
Was ist zu tun?
Diese Frage lässt sich nicht in wenigen Sätzen beantworten. Zuallererst ist sicher eine Analyse der eigenen Kundenstruktur unumgänglich. Sind diese von der Größe her betroffen? Oder sind diese Zulieferer für Konzerne? Und werden von jenen Produkte und Dienstleistungen bezogen oder hergestellt, die besonders problematisch sind? Nicht nur in Bezug auf die o.g. Beispiele und andere soziale Rechte, sondern auch in Bezug auf schädliche Bodenveränderungen, Gewässer- und Luftverunreinigungen, schädliche Lärmemission oder eines übermäßigen Wasserverbrauchs. Erkennt man hier eine Betroffenheit - also vor allem das „Abgefragtwerden“ bei Ausschreibungen - sollte man sich um das Thema kümmern. Art und Umfang ist dann tatsächlich eine Frage des Einzelfalls, etwa von dem eigenen Einflussvermögens oder der Art des Verursachungsbeitrages zu dem Risiko.
Der BDU selbst hat sich dem Thema bereits angenommen, auch weil auf europäischer Ebene ebenfalls ein Richtlinienvorschlag spätestens Anfang kommenden Jahres erwartet wird. Wir prüfen insbesondere die Entwicklung von Musterstandards und einer Branchenerklärung, aber auch die Kooperation mit Organisationen und Behörden aus dem Themenkreis.
Kai Haake (BDU-Geschäftsführer)